Umgestaltung EU-Fischerei

Erneuerung der europäischen Fischerei - von OCEAN2012

Fischschwarm

Die europäische Fischerei in der Krise

Jahrzehnte des intensiven Fischfangs in europäischen Gewässern haben zu einem dramatischen Rückgang der ehemals reichhaltigen Fischbestände geführt. Schätzungen zufolge werden derzeit 72 Prozent aller untersuchten Fischbestände überfischt. Mehr als 20 Prozent dieser Bestände werden über sichere  biologische Grenzen hinaus genutzt und müssen infolgedessen als bedroht angesehen werden.

Die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) der Europäischen Union (EU) hat es nicht geschafft, die Überfischung zu beenden. Im Gegenteil: Mehr als 25 Jahre standen die Verfolgung kurzfristiger wirtschaftlicher Interessen und politische Zweckdienlichkeit im Vordergrund, was die europäische Fischerei in eine tiefe Krise gestürzt hat.

Kontinuierliche Überfischung hat die Fischereiwirtschaft insgesamt weniger produktiv gemacht, was zum Verlust von Arbeitsplätzen und Existenzgrundlagen geführt hat. Da heute weniger und kleinere Fische, die zunehmend schwierig zu finden sind, in die Netze gehen, geraten oft andere und manchmal biologisch noch empfindlichere Arten ins Visier der Fangflotten.

Die für 2012 geplante dritte GFP-Reform bietet die Möglichkeit, die EU-Fischerei wirtschaftlich und sozial nachhaltig sowie langfristig umweltfreundlich zu gestalten. Diese Reform muss der Überfischung und den destruktiven Fischfangmethoden ein Ende bereiten, um durchzusetzen, dass auch zukünftige Generationen die Ressourcen angemessen nutzen können. Andere Gesetze der EU haben sich bereits diesem Zweck verschrieben. So verfolgt etwa die Europäische Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) das Ziel, einen guten Zustand der europäischen
Meeresumwelt zu erreichen, indem unter anderem dafür Sorge getragen wird, dass

• sich alle kommerziell befischten Fisch- und Schalentierbestände innerhalb sicherer biologischer Grenzen befinden und eine Alters- und Größenverteilung der Population aufweisen, die von guter Gesundheit des Bestandes zeugt; und

• alle bekannten Bestandteile der Nahrungsnetze der Meere (…) auf einem Niveau sind, das den langfristigen Bestand der Art sowie die Beibehaltung ihrer vollen Reproduktionskapazität gewährleistet.

Eine grundlegende Reform der GFP und ihre Umsetzung sind nötig, um diese Ziele zu erreichen.

Das Scheitern der GFP

Die fehlende Auseinandersetzung mit dem Thema Überfischung beruht auf einem Mangel an politischem Willen. Im Jahr 2007 stellte der Europäische Rechnungshof fest, dass die GFP ihr Hauptziel, die Bestände so zu bewirtschaften, dass eine stabile und nachhaltige Fischerei ermöglicht wird, verfehlt hat. In mehreren Bereichen hat es die GFP bislang versäumt, Abhilfe zu schaffen.

Überkapazität

Schätzungen zufolge sind die Fangkapazitäten einiger Flottensegmente in der EU zwei- bis dreimal größer, als es für die Einhaltung der Fischfangquoten vonnöten wäre. Das Resultat sind Überfischung, illegaler Fischfang sowie politischer Druck auf EU-Fischereiminister, Fanggrenzen jenseits des wissenschaftlich empfohlenen Maßes zu setzen. Alle Bemühungen, die Kapazitäten zu drosseln, haben bislang nicht zu den erwünschten Ergebnissen geführt.

Zu hoch angesetzte Fanggrenzen

Trotz jüngster rückläufiger Tendenzen lagen in den letzten Jahren die festgesetzten Fanggrenzen im Durchschnitt 34 Prozent über den wissenschaftlichen Empfehlungen. Im Jahr 2009 überstiegen die Fangquoten für den Golf von Biskaya und den Iberischen Atlantik die wissenschaftlichen Empfehlungen um durchschnittlich 55 Prozent; westlich von Schottland sowie in der Irischen und der Keltischen See lag die Quote 49 Prozent über den wissenschaftlichen Empfehlungen. Für 2010 wurde die Quote im Schnitt bei 34 Prozent über den wissenschaftlichen Empfehlungen
angesetzt.

Doppelter Preis für Fisch

Die EU zahlt weiterhin Subventionen zur Modernisierung von Flotten, anstatt sich darauf zu konzentrieren, die Überkapazitäten zu verringern oder in nachhaltige Fischerei zu investieren. In einigen Mitgliedstaaten wird sogar davon ausgegangen, dass die Kosten der Fischerei für die öffentlichen Haushalte höher sind als der Gesamtwert des Fangs. Das heißt, wir zahlen doppelt für unseren Fisch: über Subventionen und noch einmal beim Einkauf.

 

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